Streitigkeiten unter Gesellschaftern
Auswege aus der Sackgasse
Streitigkeiten unter Gesellschaften sind dann nicht existenzgefährdend, wenn ein Lager die Mehrheit bildet und das kleinere Lager sich letztlich fügt. Zwar kann es immer noch sein, dass das kleinere Lager dann eine Politik der Nadelstiche betreibt, doch bleibt die Gesellschaft durch die Mehrheitsverhältnisse handlungsfähig. Sind die beiden Lager jedoch gleichgroß, kommt es zu einer Lähmung der Gesellschaft, die behoben werden muss, wenn die Gesellschaft nicht in eine Existenzkrise bis hin zur Insolvenz treiben soll. Wir stehen unseren Mandanten, sowohl wenn sie Mehrheits- als auch wenn sie Minderheitsgesellschafter sind, zur Seite.
Inhaltsverzeichnis Leitfaden
Folgende Situationen kommen immer wieder vor:
- 1. Fassung von Mehrheitsbeschlüssen und Minderheitenschutz
- 2. Stimmrechtsbeschränkungen und Stimmverbote
- 3. Sperrminorität und Minderheits-Veto
- 4. Beschränkung des Verkaufs von Geschäftsanteilen
- 5. Verdrängen von missliebigen Gesellschaftern
- 6. Kündigung der Gesellschaft
- 7. Häufig gestellte Fragen (FAQ) – Streitigkeiten unter Gesellschaftern
1. Fassung von Mehrheitsbeschlüssen und Minderheitenschutz
Streitigkeiten unter Gesellschaftern sind keine Seltenheit. Im Normalfall werden diese entschieden durch Mehrheitsentscheidungen in den Gesellschafterversammlungen. Diese Mehrheit ist normalerweise eine „absolute Mehrheit“, also eine Mehrheit von mehr als 50% der abgegebenen Stimmen. Die Bestimmung eines Geschäftsführers erfolgt beispielsweise mit einer solchen Mehrheit. In bestimmten Fällen muss die Mehrheit allerdings größer sein, weil entweder das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag (bzw. die Satzung) dies so verlangt. Der gesetzliche Fall einer Dreiviertelmehrheit (mind. 75% der Stimmen) ist etwa bei der GmbH derjenige, in welchem der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft geändert werden soll, § 53 GmbHG; hier ist eine notarielle Beurkundung des Beschlusses erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag kann auch eine größere Mehrheit vorschreiben, z.B. 80% oder gar Einstimmigkeit (100%). Höhere Mehrheitserfordernisse sind häufig ein Instrument des Minderheitenschutzes in der Gesellschafterversammlung. Sie beeinträchtigen jedoch auch erheblich die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft. Die größte Handlungsfähigkeit besitzt eine Gesellschaft dann, wenn mehr als 50% der Stimmrechte in der Hand eines Gesellschafters sind der Gesellschaftsvertrag keine höheren Mehrheiten vorschreibt, als durch das Gesetz zwingend vorgesehen.
2. Stimmrechtsbeschränkungen und Stimmverbote
Eine Möglichkeit, die Gesellschaft handlungsfähig zu erhalten, sind Stimmrechtsbeschränkungen und Stimmverbote. Eine Form der Stimmrechtsbeschränkung ist die Stimmbindung oder Stimmenpoolung. Hier verpflichten sich Gesellschafter, ihre Stimme(n) immer nur im Einklang mit einem anderen Gesellschafter auszuüben. Dieser Vertrag ist privatschriftlich wirksam. Er muss nicht bekannt gemacht werden. Abschluss und Änderung unterliegen den allgemeinen vertragsrechtlichen Prinzipien. Mit einer goldenen Stimme / Stichentscheidungsrecht wird in dem Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass bei Stimmengleichheit die Stimme eines bestimmten Gesellschafters den Ausschlag gibt (goldene Stimme, goldene Aktie) oder ein bestimmter Gesellschafter nicht überstimmt werden darf (Veto). Ein Stimmrechtsverbot besteht immer dann, wenn eine Interessenkollision für den abstimmenden Gesellschafter zu befürchten ist (z.B. Abstimmung über einen Beratervertrag mit sich selbst).
3. Sperrminorität und Minderheits-Veto
Umgekehrt zum Mehrheitsprinzip kann der Gesellschaftsvertrag auch die Funktionalität der Gesellschaft bewusst einschränken, indem kleineren Gesellschaftergruppen oder gering beteiligten Einzelgesellschaftern eine Sperrminorität oder ein Minderheits-Veto eingeräumt wird. Im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sind solche Gestaltungen im Regelfall jedoch nicht oder nur mit großer Vorsicht zu empfehlen.
4. Beschränkung des Verkaufs von Geschäftsanteilen
In der Praxis enthalten sehr viele Gesellschaftsverträge Beschränkungen für den Verkauf von Geschäftsanteilen (z.B. in Form einer Genehmigung durch die Gesellschaft), insbesondere, wenn es um den Verkauf an Neu-Gesellschafter geht. Hintergrund ist, dass die Alt-Gesellschafter davor bewahrt werden sollen, mit einem neuen Gesellschafter ein Unternehmen teilen zu müssen, den sie sich bei der Gründung der Gesellschaft nicht ausgesucht hätten. Andererseits muss es einem austrittswilligen Gesellschafter möglich sein, die Gesellschaft zu verlassen. Der Interessenausgleich wird in der Praxis häufig durch eine Andienungspflicht an die Altgesellschafter (mit dortigem Vorkaufsrecht) herbeigeführt, so dass ein Neu-Gesellschafter erst eintreten kann, wenn die Altgesellschafter die eigene Übernahme des Anteils des Austrittswilligen ablehnen.
5. Verdrängen von missliebigen Gesellschaftern
Im Lauf der Zeit entwickeln sich Ziele und Einstellungen der Gesellschafter oft auseinander. Ein Minderheitsgesellschafter, der die Gesellschaft „an sich“ nicht verlassen möchte, kann so dazu kommen, dass er der Gesellschaftermehrheit bewusst Probleme schafft, um auf sich aufmerksam zu machen oder eigene Interessen durchzusetzen. Umgekehrt will sich die Seite der Gesellschaftermehrheit dieses Minderheitsgesellschafters entledigen. Damit entsteht ein Konflikt zwischen Minderheitsgesellschafter und Gesellschaftermehrheit.
Eine häufig eintretende Situation ist hier die des lästigen Gesellschafters. Gemeint ist damit die Konstellation, dass ein Minderheitsgesellschafter oder auch ein an der Geschäftsführung nicht effektiv beteiligter „50%-Gesellschafter“ dem oder den anderen Gesellschaftern bewusst „lästig“ wird, um damit seine Interessen durchzusetzen. Dieses Verhalten hält sich oft im Rahmen des gesetzlich Zulässigen, etwa durch extensive Einsichtsverlangen in die Papiere der Gesellschaft (§ 50a GmbHG in direkter oder analoger Anwendung), durch extensive Fragen in der Gesellschafterversammlung oder durch sonstiges Abweichverhalten. Die Ziele, die der „Lästige“ verfolgt, können vielfältig sein:
- Herbeiführung einer Situation, in der eine Abfindung gegen Ausscheiden angeboten wird
- Erhöhung einer als unzureichend empfundenen, angebotenen Abfindung
- Durchsetzung anderer, eigennütziger Ziele
- allgemeine Zermürbung der übrigen Gesellschafter usw.
In vielen Fällen kommen die beiden gegensätzlichen Lager zu der Entscheidung, dass die eine Seite ausscheiden und dafür eine Abfindung erhalten sollte. Wenn die Lager nicht zu sehr verfeindet sind bzw. sich zu große „emotionale“ Konflikte entwickelt haben, scheidet üblicherweise der Minderheitsgesellschafter gegen eine Abfindung aus, die er von dem übernehmenden Gesellschafter oder den übernehmenden Gesellschaftern erhält. Die Höhe der Abfindung wird oft schon im Gesellschaftsvertrag geregelt, andernfalls ist schlicht eine Bewertung zu Marktkonditionen durchzuführen, die dann den Verkaufspreis ergibt.
Wenn sich der Konflikt bereits zu sehr zu einer „emotionalen“ Situation entwickelt hat, kann es dazu kommen, dass der Minderheitsgesellschafter die Gesellschaftermehrheit nur noch schädigen will, ohne Rücksicht auf eigene Nachteile. Hier bleibt oft nur noch die Einziehung des Geschäftsanteils, also die auf den Gesellschaftsvertrag gestützte Ausschießung des Gesellschafters, § 34 GmbHG. Ist dieser Weg im Gesellschaftsvertrag nicht eröffnet, muss eine Ausschließungsklage gegen den „abtrünnigen“ Gesellschafter bei Gericht erhoben werden. Letztere Variante kann zu jahrelangen, sehr teuren Rechtsstreitigkeiten führen, die tunlichst vermieden werden sollten.
Zu beachten ist, dass eine Einziehung nicht zwingend gegen eine Entschädigung des ausgeschlossenen Gesellschafters erfolgen muss. Wird diese Entschädigung verweigert, kann der ausgeschlossene Gesellschafter die übrigen Gesellschafter auf Entschädigung verklagen.
6. Kündigung der Gesellschaft
Im Gesetz ist die Kündigung einer Gesellschaft nicht immer geregelt, wie etwa der Blick in das GmbH-Gesetz zeigt. In den Gesellschaftsverträgen der Praxis ist oft eine „ordentliche“ Kündigungsmöglichkeit geregelt, der ausscheidenswillige Gesellschafter muss dann die im Gesellschaftsvertrag vorgegebenen Regeln bzgl. Form und Frist einhalten. Neben der ordentlichen Kündigung ist nach der Rechtsprechung bei allen dauernden Vertragsverhältnissen immer die „außerordentliche“ (fristlose) Kündigung möglich, die auch im Gesellschaftsrecht (wie im Arbeitsrecht) die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Rechtsbeziehung zur Voraussetzung hat. Wird gekündigt, hat der ausscheidende Gesellschafter einen Abfindungsanspruch. Soweit im Gesellschaftsvertrag die Wertbemessung hierfür geregelt ist, kommt diese zur Anwendung. Oft aber halten diese Regelungen vor Gericht nicht stand, weil sie z.B. den Ausscheidenden zu stark benachteiligen. Es bleibt also ein erhebliches Risiko für die verbleibenden Gesellschafter, so dass ein anderer Weg vorzugswürdig ist.
7. Häufig gestellte Fragen (FAQ) – Streitigkeiten unter Gesellschaftern
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