Selbstanzeige

Rückkehr zur Steuerehrlichkeit in letzter Sekunde

Die Selbstanzeige ist ein besonderes Instrument des Steuerstrafrechts, das es in anderen Bereichen des Strafrechts so nicht gibt. Dies ergibt sich daraus, dass die Selbstanzeige zu einer strafbefreienden Wirkung führt, obwohl die Tat vollendet ist und damit bei anderen Straftaten eine Strafe zwingend zu verhängen wäre. Auch aus diesem Grund ist die Selbstanzeige in den vergangenen Jahren immer wieder reformiert und damit verschärft worden. In der Praxis spielt die Selbstanzeige jedoch immer noch eine große Rolle, da sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit gibt, bei Nachzahlung der Steuern wieder in die Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Dies ist in vielen Fällen auch für die Steuerpflichtigen eine gute Lösung, weil sie sonst ggf. gezwungen wären, eine einmal begonnene Steuerhinterziehung auch in der Zukunft immer wieder neu begehen zu müssen, da sie die verschwiegenen Sachverhalte wegen der zu erwartenden Strafen nicht (mehr) aufdecken und bezahlen können.

1. Aufklärung des bislang geheimen Sachverhalts

Am Anfang steht die lückenlose Aufklärung der problematischen Sachverhalte, aus denen die hinterzogenen Steuern herrühren. Dies kann sehr zeitaufwändig sein, etwa weil Einkünfte aus dem Ausland oder im Ausland nicht angegeben wurden und nun Daten im Ausland abgefragt werden müssen. Auch muss dies für alle anzuzeigenden Jahre erfolgen, was oft bedeutet, dass 11 Jahre rückwirkend rekonstruiert werden müssen. Dies stößt oft an natürliche Grenzen, weil z.B. im Fall nicht deklarierter Zinsen oder Dividenden Banken Kontoauszüge oft nur zehn Jahre zurück duplizieren können und ältere Daten gelöscht werden. Auch muss die nachzuzahlende Steuer nebst Zinsen berechnet werden, weniger weil eine Selbstanzeige dies verlangt, sondern weil der Steuerpflichtige die Geldsumme bereitstellen muss, die er voraussichtlich für die Nachzahlung der Steuer benötigt.

2. Wirksame Selbstanzeige

Eine Selbstanzeige ist nach der gesetzlichen Definition nur dann wirksam, wenn sie vollständig und umfassend erstattet wird. Die in der Vergangenheit zulässige Teilselbstanzeige (also eine Selbstanzeige beschränkt auf bestimmte Jahre oder Steuerarten) ist damit ausdrücklich nicht mehr als Strafaufhebungsgrund anerkannt. Zudem muss die Selbstanzeige technisch noch möglich sein (es darf keine sog. Sperrwirkung eingetreten sein) und die hinterzogene Steuer muss in einer vom Finanzamt gesetzten Frist dann vollständig nachgezahlt werden. Im Detaillierungsgrad muss die Selbstanzeige so angelegt sein, dass das Finanzamt die Steuer ohne weitere Ermittlungen selbst berechnen oder eine gegebene Berechnung nachvollziehen kann. Die Selbstanzeige muss an das richtige Finanzamt und dort an die zuständige Abteilung gerichtet werden (sie sollte vorsorglich immer an den Vorsteher des Finanzamts gerichtet werden).

3. Sperrwirkung

Die Selbstanzeige wird deswegen zugelassen, weil der Steuerpflichtige dem Staat mit der freiwilligen Lieferung der relevanten Daten viel Arbeit abnimmt. Umgekehrt bedeutet dies, dass dann keine Vergünstigung gewährt wird, wenn die Selbstanzeige praktisch überflüssig ist, weil entweder das Finanzamt die Hinterziehung bereits entdeckt hat und der Steuerpflichtige dies wusste/wissen musste, oder weil dem Steuerpflichtigen bereits eine Prüfungsanordnung für eine Außenprüfung/Betriebsprüfung bekannt gegeben worden ist, oder weil ihm ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung bekannt gegeben wurde, oder schließlich weil ein Prüfer/Steuerfahnder bereits bei ihm erschienen ist.

4. Verjährung

Ist eine Steuer erst einmal verjährt, muss sie nicht mehr bezahlt werden. Daher muss dann auch keine Selbstanzeige mehr erstattet werden, weil dies nichts an der gesetzlichen Verjährungsregelung ändern würde. Die steuerliche und die strafrechtliche Verjährung sind nicht einheitlich. Die strafrechtliche Verjährung beträgt 5 Jahre, die steuerliche Festsetzungsverjährung beträgt in Hinterziehungsfällen 15 Jahre, die Zahlungsverjährung 10 Jahre. Diese Verjährungsregeln überlappen sich teilweise, und sind kompliziert formuliert. Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist es daher, den nicht verjährten und damit zu rekonstruierenden Zeitraum der Selbstanzeige festzulegen. Vorsorglich sollten hier eher mehr Jahre als zu wenige angegeben werden. Denn verjährte Jahre scheidet das Finanzamt von Amts wegen wieder aus.

5. Nachzahlung der Steuern und besondere Strafzahlung trotz Selbstanzeige

Die Selbstanzeige ist nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut nur dann wirksam, wenn die hinterzogene Steuer auch in einer vom Finanzamt gesetzten Frist nachgezahlt wird. Daher sind die Finanzmittel für die Nachzahlung bereits vor Einreichung der Selbstanzeige sicherzustellen. Im Weiteren wird zwischen dem Fall bis 25.000 Euro hinterzogener Steuer und dem Fall darüber hinaus unterschieden. Liegt die hinterzogene Steuer über 25.000 Euro, muss zum Nachzahlungsbetrag ein pauschaler Zuschlag gezahlt werden, der nicht vermeidbar ist, selbst wenn die Selbstanzeige im Übrigen alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Der Zuschlag ist gestaffelt: 10% bei Hinterziehung bis 100.000 Euro, 15% bei Hinterziehung bis 1 Mio. Euro und 20% bei Beträgen darüber hinaus.

6. Eventuelles GWG-Verfahren

In Fällen von Selbstanzeigen, entdeckten Steuerhinterziehungen und ähnlichen Verdachtsfällen wird in jüngerer Vergangenheit auch oft ein Verfahren nach dem Geldwäschegesetz (GWG-Verfahren) eingeleitet. Das Geldwäschegesetz dient offiziell der Bekämpfung von Drogenhandel, Waffenhandel und Terrorismusfinanzierung. In der Praxis ist es jedoch oft ein flankierendes Instrument zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung in völlig normalen Unternehmen. Wird im Rahmen einer Selbstanzeige oder sonstiger Gesetzesverstöße bekannt, dass Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung oder Steuerklärung vorliegen, wird vielfach direkt auch ein Verdachtsfall nach dem GWG bejaht. Dies betrifft insbesondere Unternehmen, die stark mit Bargeld arbeiten und zu bestimmten Branchen gehören (Banken, Güterhändler usw., auch Unternehmen mit starkem Auslandsbezug). Bei Gesetzesverstößen werden eigenständige Strafen (Geldbußen zwischen 50 Euro und 100.000 Euro für normalschwere Fälle) festgesetzt, die nicht durch die Selbstanzeige vermieden werden können. Diese zusätzlichen Belastungen müssen also in die Berechnung der Gesamtliquidität, die für die Rückkehr in die Legalität erforderlich ist, einbezogen werden.

7. Eventuelle Betriebsprüfung

Da eine Selbstanzeige bedeutet, dass in der Vergangenheit falsche Steuererklärungen abgegeben wurden (die dem Finanzamt nicht aufgefallen sind), erhöht eine Selbstanzeige zumindest für einige Jahre die Wahrscheinlichkeit einer besonders akribischen Prüfung des betroffenen Steuerpflichtigen. Auch ist damit zu rechnen, dass bei nächster Gelegenheit eine Betriebs- oder Außenprüfung angeordnet wird, um sicherzustellen, dass der Betreffende tatsächlich in die Legalität zurückgekehrt ist.

8. Häufig gestellte Fragen (FAQ) – Selbstanzeige

Ein Klick genügt, um Antworten auf besonders oft gestellte Fragen zur Selbstanzeige zu erhalten.

Ja, diese Vorgehensweise ist insbesondere deswegen zulässig, weil es für die strafaufhebende Wirkung unschädlich ist, wenn zu hohe Nachzahlungsbeträge erklärt werden. Diese können daher nachträglich auch noch nach unten korrigiert werden, zumal das Finanzamt ohnehin nur tatsächlich angefallene Steuern erheben darf.

Bei dem Vorsteher (Leiter) des Finanzamts liegt eine sog. Allzuständigkeit vor, so dass er aufgrund seiner Leitungsfunktion aller Abteilungen des Finanzamts immer der richtige oberste Ansprechpartner ist. Durch die Adressierung an ihn direkt wird die Gefahr vermieden, dass ggf. die Selbstanzeige an eine bestimmte Abteilung geschickt wird und eine andere, ebenfalls zuständige Abteilung vor formellem Eingang der Selbstanzeige bereits von dem Sachverhalt erfährt und damit die sog. Sperrwirkung eintritt.

Für Zeiträume bis 2018 betragen die normalen Nachzahlungszinsen 6% p.a., ab 2019 sind dies 1,8% p.a. Normale Nachzahlungszinsen heißt dabei, dass hier keine Steuerhinterziehung vorliegt. Für die Zinsen auf hinterzogene Steuern bleibt es hingegen bei 6% p.a. Diese fallen an mit dem Zeitpunkt, ab dem der Steuervorteil erlangt wurde, also der zu günstige Steuerbescheid bekannt gegebene wurde.

Nein. Nach herrschender Rechtsprechung sind damit nur die steuerstrafrechtlichen Risiken beseitigt. Disziplinarverfahren für Beamte, Zulassungsentzug z.B. für Ärzte usw. sollen als Reaktion auf die begangene Steuerhinterziehung weiterhin möglich sein. Auch dies ist also im Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen.

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