Vertretung vor dem Finanzamt
Aus Steuerstraffinanzämtern wurde in NRW das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität
Seit dem 01.01.2025 gibt es die bisherigen Sonder-Finanzämter, die sich Steuerstraffinanzämter oder Finanzämter für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen nannten, in NRW nicht mehr. Diese wurden vielmehr neben anderen Ämtern und Funktionen in Nordrhein-Westfalen zu dem neuen Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität zusammengefasst. Soweit bislang erkennbar, bleiben jedoch vorerst die Abläufe bei Steuerstrafverfahren ähnlich wie vor dem Jahresbeginn 2025. Dies bedeutet, dass in einem steuerstrafrechtlichen Verfahren nicht ein, sondern zwei Finanzämter (bzw. jetzt zwei Finanzbehörden) mit dem Fall befasst sind. Neben dem regulären Wohnsitz- oder Betriebsfinanzamt, mit dem der Steuerpflichtige seit jeher zu tun hat, wird das Steuerstraffinanzamt bzw. in NRW jetzt das LBF tätig. Die dort auch weiterhin angesiedelte Steuerfahndung nimmt im Steuerstrafverfahren die Kompetenzen der Staatsanwaltschaft wahr. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Hinterziehungssachverhalte von der Steuerfahndung aufgeklärt und die ermittelten Sachverhalte zur steuerlichen Auswertung (und ergänzenden Steuerfestsetzung) an das reguläre Finanzamt weitergeleitet werden. Über die zu verhängende Strafe entscheidet das Steuerstraffinanzamt bei geringfügigen Fällen am Schluss bzw. leitet die Sache in schwereren Fällen an das zuständige Strafgericht weiter. Hieraus wird deutlich: Das reguläre Finanzamt tritt im Steuerstrafverfahren deutlich in den Hintergrund. Die Steuerfahndung ist hier Herrin des Geschehens.
Inhaltsverzeichnis Leitfaden
In folgenden Bereichen helfen wir unseren Mandanten durch diesen Konflikt:
- 1. Begleitung von Hausdurchsuchungen
- 2. Untersuchungshaft
- 3. Sichtung der Ermittlungsakte und Stellungnahmen
- 4. Eigenständige Ermittlungshandlungen
- 5. Verhandlung zur Verfahrenseinstellung
- 6. Sichtung und Gegendarstellung zu Strafbefehlen und Anklageschriften
- 7. Ggf. Vorbereitung der Gerichtsverhandlung
- 8. Häufig gestellte Fragen (FAQ) – Vertretung vor dem Finanzamt
1. Begleitung von Hausdurchsuchungen
Zur Beweissicherung führt die Steuerfahndung oft Hausdurchsuchungen durch. Hierbei sollen u.a. Unterlagen, die auf Steuerhinterziehung hindeuten, erlangtes Geld, Verträge usw. sichergestellt werden. Die Hausdurchsuchungen werden häufig durch eine beträchtliche Anzahl von Polizeibeamten und Mitarbeitern der Finanzverwaltung durchgeführt, an einer Durchsuchung können so schnell 30 oder mehr Personen beteiligt sein. Die beschlagnahmten Unterlagen werden kistenweise mitgenommen und in Liefer- oder gar Lastwagen abtransportiert. Bei diesen Aktionen geschehen oft viele Fehler, z.B. Beschlagnahme fremden Eigentums, Verlust von beschlagnahmten Gegenständen, unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch die Steuerfahndung uam. Bereits hier muss darauf hingewirkt werden, dass die Mandantenrechte gewahrt werden.
2. Untersuchungshaft
Bei Flucht, Fluchtgefahr oder Verdunklungsgefahr kann durch ein Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft / Steuerfahndung die Untersuchungshaft angeordnet werden. Flucht- oder Verdunklungsgefahr werden von Gerichten und der Steuerfahndung oft vorschnell angenommen. Hier müssen direkt Antrag auf Haftprüfung und Haftbeschwerde eingelegt werden. Es müssen jenseits des Strafrechts oft Maßnahmen ergriffen werden, damit die private Situation des Mandanten nicht völlig zusammenbricht: Information von Angehörigen, Information von Geschäftspartnern und Mitarbeitern, Unterstützung bei vorläufigen Sicherungsmaßnahmen im geschäftlichen Bereich (Ersatz für den inhaftierten Mandanten usw.) und auch scheinbar banale Maßnahmen wie ein ruhiges Gespräch mit dem inhaftierten Mandanten und Beschaffung der nötigsten Dinge für den vorübergehenden Aufenthalt im Gefängnis. Die Untersuchungshaft reißt den Mandanten aus seinem gewohnten Leben heraus, das er bisher für selbstverständlich hielt, und belastet ihn daher psychisch sehr stark. Der Rechtsanwalt muss hier der ruhende Pol sein, wenn alles um den Mandanten herum zusammenzubrechen scheint.
3. Sichtung der Ermittlungsakte und Stellungnahmen
Wenn das Steuerstrafverfahren dem Mandanten und/oder seinem Verteidiger bekannt wird, hat die Steuerfahndung typischerweise bereits einen großen Zeitvorsprung. Nicht selten gibt es bereits eine Ansammlung von Bänden von Ermittlungsakten und Nebenakten, die ganze Kisten füllen. Eine Akteneinsicht durch den Verteidiger ist hier für den inhaftierten Mandanten überlebenswichtig. Lehnt die Steuerfahndung die Einsicht ab, muss direkt ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden. Die Sichtung der Ermittlungsakte ist dann oft eine große Herausforderung, weil viel Papier in kurzer Zeit aufgearbeitet werden muss. Zudem müssen die Lücken in den Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung aufgedeckt werden, was ein tiefes Durchdringen der Position der Steuerfahndung erfordert. Eigene Stellungnahmen sind oft zwingend erforderlich, um fahrlässig oder vorsätzlich von der Steuerfahndung nicht berücksichtigte Informationen in das Verfahren einzuführen und so den Mandanten zu entlasten.
4. Eigenständige Ermittlungshandlungen
Wenn nach Aufarbeitung der Ermittlungsakte erkennbar wird, wo die Steuerfahndung falsche Schlussfolgerungen zieht, sollten unbedingt eigene Ermittlungshandlungen ergriffen werden, um das Bild des Mandanten nach Möglichkeit gerade zu rücken. Entgegen einer weit verbreiteten Auffassung ist es dem Verteidiger nicht verboten, eigene Ermittlungen anzustellen. Diese Ermittlungen sind vielmehr oft zwingend erforderlich. Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung sollen zwar nach dem Gesetz sowohl be- als auch entlastende Sachverhalte für den Beschuldigten ermitteln, sie tun dies jedoch vielfach nicht, sondern konzentrieren sich auf die Belastung. Daher muss der Verteidiger hier einen Ausgleich schaffen. Seine Ermittlungen dürfen nur nicht zu einer Beweismanipulation führen, was an sich selbstverständlich ist. Der Verteidiger darf Zeugenaussagen erheben, Urkunden beschaffen, Registerauskünfte einholen, Detektive einsetzen usw. Nicht selten gelingt es so, den Inhalt der Ermittlungsakte zu korrigieren und den Fall in einem völlig neuen Licht sehen zu können.
5. Verhandlung zur Verfahrenseinstellung
Wenn die Position, die die Steuerfahndung anfangs eingenommen hat, sich nicht halten lässt oder durch den Verteidiger erschüttert wurde, stellt sich oft die Frage nach einem zeitnahen faktischen Abbruch des Verfahrens wegen fehlender Erfolgsaussichten für die Steuerfahndung. Technisch bedeutet dies, dass eine Einstellung des Verfahrens ohne oder mit Geldauflage im Raum steht. Am günstigsten ist es für den Mandanten, wenn ohne Geldauflage eingestellt wird, weil der anfangs erhobene Vorwurf schlicht unhaltbar (geworden) ist. Aber auch bei einer Geldauflage ist festzuhalten, dass der Mandant danach immer noch als unschuldig gilt, so dass seine berufliche und seine private Zukunft nicht belastet werden.
6. Sichtung und Gegendarstellung zu Strafbefehlen und Anklageschriften
Wenn es nicht oder nicht rechtzeitig gelingt, genügend entlastende Umstände zugunsten des Mandanten vor dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens durch die Steuerfahndung zusammenzutragen, wird auf der Seite der Staatsanwaltschaft über den Erlass eines Strafbefehls oder die Erhebung der förmlichen Anklage vor dem Strafgericht entschieden. Der Strafbefehl ist für kleinere Rechtsverstöße als rein postalisch abgewickeltes Verfahren vorgesehen. Gegen einen Strafbefehl kann der Verteidiger in einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung den Einspruch einlegen. Dieser führt dann zu einer Überleitung in das reguläre Gerichtsverfahren, welches sich genauso anschließt, wenn direkt eine Anklageschrift von der Staatsanwaltschaft an das Strafgericht geschickt wird. Das Gericht schickt im Anschluss die Anklageschrift an den Verteidiger (oder den nicht vertretenen Beschuldigten) zur Stellungnahme. Damit ist das sog. Zwischenverfahren eingeleitet. In der Praxis verzichten viele Verteidiger darauf, im Zwischenverfahren bereits engagiert dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft entgegenzutreten. Dies ist jedoch eine verpasste Chance. Es ist uns schon oft gelungen, bereits im Zwischenverfahren ein Strafverfahren gegen einen Mandanten zu verhindern, schlicht weil der Fall durch die Staatsanwaltschaft nicht korrekt ausermittelt war und damit die Anklage voreilig erhoben wurde.
7. Ggf. Vorbereitung der Gerichtsverhandlung
Lässt das Strafgericht trotz Anhörung im Zwischenverfahren die Anklage zu und fängt an, die Termine für die Durchführung der Hauptverhandlung abzustimmen, sollte direkt mit dem Mandanten die Vorbereitung auf das Hauptverfahren beginnen. Hierzu gehört die weitere Zusammentragung von entlastenden Beweisen, Zeugenaussagen, Urkunden usw. Genauso gehört hierzu die Befassung mit den Richtern und Staatsanwälten. Hier können frühere fachliche Einschätzungen, aber auch Gründe für einen Befangenheitsantrag relevant werden. Zudem gilt es auch weiter, für den Mandanten ein ruhender Pol zu sein, um ihn psychisch zu stabilisieren.
8. Häufig gestellte Fragen (FAQ) – Vertretung vor dem Finanzamt
Ein Klick genügt, um Antworten auf besonders oft gestellte Fragen zur Vertretung vor dem Finanzamt zu erhalten.