Insolvenzverfahren

Was ist bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens zu tun?

Ein Insolvenzverfahren bietet Unternehmen, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, die Möglichkeit, ihre finanzielle Lage neu zu ordnen oder im Falle der Liquidation eine geordnete Abwicklung sicherzustellen. Hierbei sind präzise gesetzliche Vorgaben zu beachten, die sowohl Geschäftsführer als auch Gläubiger unmittelbar betreffen. Ob freiwilliger Insolvenzantrag oder gesetzliche Antragspflicht – eine frühzeitige und kompetente Beratung entscheidet maßgeblich über den weiteren Verlauf und mögliche Konsequenzen des Verfahrens. Im Folgenden erfahren Sie, welche Schritte im Insolvenzverfahren besonders relevant sind und wie wir Sie in diesen kritischen Phasen umfassend unterstützen können.

1. Zielsetzung des Insolvenzverfahrens

Die Zielsetzung des Insolvenzverfahrens ist es, ein in eine Existenzkrise geratendes Unternehmen entweder mit staatlicher Unterstützung zu sanieren oder aber geordnet zu liquidieren und den Erlös an die Insolvenzgläubiger zu verteilen. Andererseits hat das Verfahren auch das Ziel, das der Schuldner bzw. das insolvente Unternehmen nach Möglichkeit am Ende wieder am Wirtschaftsleben teilnehmen kann. Die Insolvenzordnung (InsO) enthält hierfür die notwendigen Vorschriften, die je nach Lage des Unternehmens eingreifen.

2. Freiwilliger Insolvenzantrag, Antragspflicht und Antragsfristen

Ein Insolvenzverfahren kommt nur in Gang, wenn ein Insolvenzantrag für das betreffende Unternehmen gestellt wurde. Dies kann ein sog. Fremdantrag sein, also ein Antrag durch einen Gläubiger des Unternehmens, oder ein sog. Eigenantrag. Letzteres ist ein Antrag, den das Unternehmen selbst stellt, weil entweder eine Zahlungsunfähigkeit droht (freiwilliger Eigenantrag) oder weil der Antrag in der Regel wegen einer bestehenden Insolvenzantragspflicht gestellt wird (Antrag wegen Zahlungsunfähigkeit oder Antrag wegen Überschuldung).

Eine Pflicht zur Stellung eines Eigenantrags haben diejenigen Unternehmen, die in den Rechtsformen der Kapitalgesellschaft (AG, GmbH oder UG) organisiert haben, bzw. keinen vollhaftenden Personengesellschafter haben (GmbH & Co. KG). Alle anderen Unternehmen unterliegen nicht der Insolvenzantragspflicht, können eine Antrag aber immer (bei Vorliegen der Voraussetzungen) freiwillig stellen. Dritte können immer einen Insolvenzantrag gegen ein Schuldnerunternehmen stellen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.

Für die drohende Zahlungsunfähigkeit sieht die InsO vor, dass das betroffene Unternehmen wahlweise einen Insolvenzantrag stellen kann, wenn das Unternehmen aufgrund seiner eigenen Liquiditätsplanung befürchtet, dass es in den nächsten 24 Monaten zahlungsunfähig wird. Dieser Zeitraum kann ggf. auch kürzer sein.

Eine Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen nur noch weniger als 90% seiner fälligen Verbindlichkeiten bezahlen kann. In diesem Fall muss der Insolvenzantrag bei Antragspflicht unverzüglich (d.h. „sofort“), spätestens aber binnen 3 Wochen ab Vorliegen der Voraussetzungen gestellt werden. Die Dreiwochenfrist darf nur ausgeschöpft werden, wenn in dieser Zeit erfolgversprechende Sanierungsmaßnahmen versucht werden.

Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Unternehmen mehr Verbindlichkeiten als Aktivpositionen in der Bilanz hat, so dass das Kapital „negativ“ ist (also ein Minuszeichen vor dem Kapital steht oder das Kapital auf der linken Bilanzseite ausgewiesen wird). Hier muss der Insolvenzantrag ebenfalls unverzüglich (d.h. „sofort“), spätestens aber binnen 6 Wochen ab Vorliegen der Voraussetzungen gestellt werden, und wenn zusätzlich keine „positive Fortführungsprognose“ vorliegt.

3. Behandlung des Insolvenzantrags durch das Insolvenzgericht

Wenn der Insolvenzantrag (gleich ob freiwillig oder gemäß Antragspflicht) beim Insolvenzgericht eingeht, prüft dieses zunächst, ob auch ein gesetzlicher Antragsgrund vorliegt. Bis dahin ordnet das Gericht regelmäßig vorläufige Sicherungsmaßnahmen an und beauftragt einen Gutachter mit der Prüfung, ob das Unternehmen genügend Wert hat, um die Kosten des Verfahrens zu bezahlen. Ist dies so, wird das Verfahren eröffnet, andernfalls wird der Antrag „mangels Masse abgewiesen“. Im letzteren Fall wird eine GmbH, GmbH & Co. KG oder AG von Amts wegen gelöscht.

4. Gläubigerstellung im Insolvenzverfahren

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Zeitpunkt der die Gläubiger in zwei Hauptgruppen unterteilt. Die Gläubiger, die bereits vor diesem Zeitpunkt eine Forderung gegen das Unternehmen hatten, sind sog. Insolvenzgläubiger. Sie erhalten nach Anmeldung ihrer Forderung zur Tabelle im Verlauf des Verfahrens eine sog. Quote, d.h. eine anteilige Zahlung auf ihre Forderung im Verteilungsverfahren. In der Praxis liegt diese Quote statistisch bei 2-3% der Forderung.

Die Gläubiger, die erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Forderung erhalten, können eine 100%ige Zahlung erwarten, da die Forderung von dem dann zuständigen Insolvenzverwalter begründet wurde und dieser im Zweifel sogar selbst für die Zahlung einstehen muss. Auch das Insolvenzgericht und der Insolvenzverwalter selbst erhalten ihre Zahlungen zu 100%. Diese Gruppe wird insgesamt als sog. Massegläubiger bezeichnet.

5. Anfechtung durch den Insolvenzverwalter

Der Insolvenzverwalter versucht bei einer Abwicklung des Unternehmens möglichst viel Geld einzusammeln, Zahlungsansprüche aller Art hereinzuholen und Werte zu verkaufen, um den Erlös an die Insolvenzgläubiger zu verteilen. Ergänzt wird dies durch die Insolvenzanfechtung, womit der Insolvenzverwalter insbesondere die Zahlungsvorgänge der letzten drei Monate vor und auch diejenigen nach dem Insolvenzantrag rückgängig machen kann mit der Folge, dass die Geldempfänger das empfangene Geld an den Insolvenzverwalter zurückzahlen müssen. Neben dieser rein durch die zeitliche Nähe der Zahlung möglichen Anfechtung gibt es weitere Anfechtungsmöglichkeiten, die insbesondere bei Gläubigerbenachteiligung eingreifen.

6. Schlussverteilung

Wenn bei der Abwicklung des Unternehmens der Insolvenzverwalter alle Werte verkauft und die durch Anfechtung zurückgeholten Gelder eingesammelt hat, wird aus der zur Verteilung stehenden Summe und der Summe der in der Anmeldungsliste erfassten Forderungen der Gläubiger die sog. Befriedigungsquote oder nur „Quote“ gebildet. Dementsprechend erhalten die Gläubiger eine Zahlung auf ihre Forderung, mit welcher sie als bezahlt gelten. Die restliche nichtbezahlte Forderung geht dann kraft Gesetzes unter.

7. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Nach Verteilung des eingesammelten Geldes an die Gläubiger wird das Insolvenzverfahren aufgehoben und damit beendet. Der Insolvenzverwalter erhält dann auch seine Vergütung.

8. Insolvenzverschleppung und andere Insolvenzstraftaten

Da der Insolvenzverwalter bei der Sichtung der Unterlagen des Unternehmens auch Hinweise entdecken kann, die auf eine Insolvenzverschleppung oder andere Insolvenzstraftaten (z.B. Bankrott, Untreue usw.) durch die Verantwortlichen im Unternehmen hindeuten, gibt er vielfach in der Praxis entsprechende Hinweise an die zuständige Staatsanwaltschaft, die dann ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einleitet. Gleichzeitig wird der Insolvenzverwalter prüfen, ob er wegen der Verletzung solcher Schutznormen selbst Schadensersatz- oder Herausgabeansprüche gegen die Verantwortlichen im Unternehmen geltend macht.

Bei allen oben genannten Gesichtspunkten vertreten wir unsere Mandanten aktiv gegen anspruchstellende Seiten, also ggf. gegen Insolvenzverwalter, Staatsanwaltschaften, Gläubiger wie auch in zivilrechtlichen oder straf- bzw. steuerstrafrechtlichen Gerichtsverfahren.